Der Walmart-Parkplatz kann ein guter Ort sein, wenn man etwas Unterhaltung möchte. Die unglaublichsten Menschen laufen hier rum, und manchmal muss man sich einen Lacher echt unterdrücken. Wer schon mal in einem Walmart war, weiss evtl. was ich meine und zur besseren Erklärung hilft es, einfach mal die Website «People of Walmart» anzuschauen.
Da diese Einkaufscenter 24 Stunden geöffnet haben und über einen riesigen Parkplatz verfügen, ist es ein perfekter Platz um den Wohnwagen über Nacht abzustellen. Erlaubt ist zwar offiziell nur eine Nacht, aber normalerweise ist es kein Problem etwas länger zu bleiben. Zudem hat man so alles was man benötigt direkt vor der Nase. Wer mal mit einem Wohnwagen in den USA unterwegs ist, sollte dies unbedingt eine Nacht mal ausprobieren – und dann nach Mitternacht einfach mal etwas am Eingang stehen und die Leute beobachten. Ehrlich, da braucht man keinen Fernseher mehr 😉
Wie auch immer, ich hatte es satt auf dem Walmart-Parkplatz zu wohnen und auf meine Freunde zu warten, weswegen ich kurzerhand Chocolate geschnappt und hinauf zum Lake Tahoe gefahren bin. Die Strecke wäre definitiv nichts mit einem vollbeladenen Rad, da viele Höhenmeter zu bezwingen sind – 2218 Meter um genau zu sein. Da die Taschen aber im Camper blieben, war es eher wie ein Sonntagsnachmittags-Ausflug.
Reno liegt auf circa 1400 Meter über Meer direkt am Fusse der Sierra Nevada im Westen sowie der Wüste im Osten. Dank der hohen Lage herrscht hier auch im Sommer ein relativ angenehmes Klima, welches aber natürlich sehr trocken ist. Busch- sowie Waldbrände sind hier keine Seltenheit und so kam es, dass ich am späteren Tag sogar noch Zeuge eines solches Brandes wurde. Der Lake Tahoe liegt auf circa 1900 Meter über Meer, inmitten der Berge der Sierra Nevada – ein beliebtes Ausflugsziel mit zahlreichen Freizeitmöglichkeiten. Der Höhenunterschied bedeutet aber in erster Linie, dass die Strasse aufwärts geht, und das nicht nur bis 1900 Meter, denn da der See von Bergen umgeben ist, muss zusätzlich auch noch ein Berg überwunden werden. Ich entschied mich für den Mount Rose Highway, welcher (der Name errät es bereits) auf den ca. 2700 Meter hohen Mount Rose Pass hinaufführt, der höchste Pass der Sierra Nevada welcher ganzjährig befahrbar ist. Die Strasse führt dabei in einem sehr «bequemen» Steigungswinkel über 28 Kilometer bis zur Spitze, und ist so perfekt zum Radfahren.
Meistens gibt es breite Seitenstreifen, und auch der Verkehr ist hier nicht so schlimm wie auf anderen Strassen hoch zum Lake Tahoe.
Die Strapazen des Anstiegs werden immer wieder durch schöne Aussichten auf den Lake Washoe belohnt, welcher etwas südlich von Reno liegt. Nach trockenen Steppen folgt ein relativ dichter Wald auf felsigem Boden. Immer wieder wird die Strasse von kleinen Bergbächen unterquert, und es scheint, als würde es hier trotz der anschliessenden Wüste einiges an Wasser geben.
Auf der Passhöhe folgt natürlich das obligatorische Foto, worauf ich Nancy und Dave aus Australien kennenlerne. Sie sind ebenfalls nach Argentinien unterwegs und vor 3 Monaten in Alaska gestartet. Wir vergleichen kurz unsere Pläne, tauschen Kontakte und planen für ein Wiedersehen irgendwo in Mexiko. Ihr Reise findet ihr hier
Danach geht es auf den Downhill runter in den Lake Tahoe, welcher schon von weitem in der Mittagssonne glitzert. Einen wahnsinnig schönen Ausblick:
Nach 15 Kilometer Downhill erreiche ich Incline Village und möchte eigentlich ein kurzes Bad im See nehmen sowie etwas auf der Wiese relaxen. Da aber sämtliche Strandzugänge privatisiert sind, müsste ich nochmals fast 10 Kilometer ins nächste Dorf fahren wo es einen öffentlichen Zugang gibt. Ein typisches Problem, welches man so fast nur im Westen findet. Für Sachen welche eigentlich der Allgemeinheit gehören, wird Geld verlangt…
Also ersetze ich das Bad gegen ein 30cm langes Sandwich und fahre gerade noch rechtzeitig vor dem beginnenden Unwetter zurück in Richtung Passhöhe.
Es wird ein kleines Rennen gegen das Wetter, denn während ich Meter um Meter erkämpfe, werde ich von einer riesigen schwarzen Wolke verfolgt welche links und rechts von mir Blitze einschlagen lässt. Eine nicht ganz ungefährliche Kombination in einer so trockenen Gegend. Ohne auch nur einen einzigen Regentropfen abzubekommen erreiche ich die Passhöhe, nur um festzustellen, dass auf der anderen Seite noch schlechteres Wetter auf mich wartet. In der Ferne sehe ich wie der Regen aus dicken Wolken auf die Wüste niederprasselt – ein Anblick, welchen man so auch nicht sehr oft zu Gesicht bekommt.
Da ich noch immer von dem Gewitter hinter mir verfolgt werde, entschliesse ich mich so schnell wie möglich zurück nach Reno, und somit ins nächste Gewitter, zu radeln. Auf ungefähr halber Strecke werde ich vom Regen des anderen Gewitter erfasst, entscheide aber weiter zu rasen. Meine Regenjacke ist wasserfest, atmungsaktiv, superleicht und… im Camper. Shit! Es ist bitterkalt, dennoch habe ich andere Möglichkeit ausser so schnell wie möglich den Camper zu erreichen. Die letzten Meter werden die längsten vom ganzen Tagestrip, und mit tiefgefrorenen Fingern versuche ich die Türen des Fahrzeuges zu öffnen. Schnell ein paar trockene Klamotten anziehen, einen Pullover und dann ab in den warmen Schlafsack. Ich bleibe ganze zwei Stunden liegen, bis ich wieder einigermassen aufgetaut bin und den Weg zur Dusche antreten kann. Wer braucht schon eine Regenjacke in der Wüste… Reisen ist manchmal die beste Schule 😉
Gefahrene Route: