Kappadokien
Mein Hostel in Göreme ist mit 17 Lira (5€) inkl. Frühstück nicht nur besonders günstig, sondern auch noch absolut stilecht. Ich wohne in einem 5er-Dormitory, welcher in den Stein geschlagen wurde (siehe Bildergalerie). Also eine richtige „Cave-Wohnung“, und dies für sehr wenig Geld. Und das Beste: ich habe den ganzen Dorm für mich alleine! Was eigentlich aber auch gleichzeitig schrecklich ist, da zurzeit Hauptsaison ist und der Ort eigentlich brechend voll mit Touristen sein müsste. Nur die vielen typischen Touristenläden erinnern daran was hier eigentlich los ist, wenn nicht gerade dutzende Terroranschläge sowie ein Putschversuch stattgefunden haben.
Am ersten Tag in Göreme geniesse ich das Leben mit süssem Nichtstun. Die letzten Tage mit jeweils über 100km pro Tag haben sehr an meinen Kräften gezehrt und die Beine schreien regelrecht nach einem Ruhetag. Dies dürfen sie vorerst auch einmal haben, und somit wird endlich mal wieder der Blog upgedatet. Auf der sonnigen Dachterrasse geniesse ich den Blick über die Skyline von Göreme, welche aus vielen kleinen Steinformationen besteht in welche Wohnung und Hotels reingemeisselt wurden. Mal eine ganz andere Skyline und irgendwie ganz eine schöne Abwechslung zu dem sonstigen Stahl-Beton-Einheitsbrei. Teilweise sieht das Städtchen fast ein bisschen so aus, als würde Obelix hier seine Hinkelsteine lagern 😉
Gemäss Tripadvisor soll es im Zentrum ein Café geben, welches echten italienischen Kaffee macht. Also raffe ich mich am späteren Nachmittag doch noch auf und gehe dieses suchen. Wie so oft steht allerdings kein Café an dem beschriebenen Ort, sondern nur eine weitere Mietstation bei welcher Quads gemietet werden können… blöde Touristen, ich will einen Kaffee und nicht die Natur mit einem Quad verunstalten. Dafür lerne ich das Zentrum von Göreme etwas besser kennen und irgendwie schein es für mich ein bisschen wie im Europapark – alles wurde für die Touristen gebaut. Im Kiosk gibt es sogar Alkohol zu kaufen, etwas das ich sei Istanbul nicht mehr gesehen hatte. Nach so langer Zeit in Dörfern ohne irgendwelchen Tourismus erscheint mir alles etwas surreal und ich bin froh dass ich dann plötzlich noch einen Mitarbeiter vom Hostel in einer Bar treffe. Wir verabreden uns für den nächsten Morgen, um den Start der unzähligen Ballonen auf einem nahegelegenen Hügel zu bestaunen. Das heisst also um kurz vor 4 Uhr schon aufstehen…
Um 04:15 Uhr, also die Zeit bei welcher ich mich normalerweise nochmals so 3-4mal umdrehe, wandern wir los. Das Dorf ist natürlich noch ziemlich im Tiefschlaf, aber überall sind bereits die Kleinbusse unterwegs, welche die verschlafenen Touristen für die Ballonfahrt einsammeln. Am Dorfende begrüsst und ein Strassenhund, welcher anscheinend auch die startenden Ballone anschauen möchte, denn er folgt uns von nun an auf Schritt und Tritt. Der Himmel wird langsam etwas heller und vor uns erscheinen die ersten etwas höheren Hügel. Über abenteuerliche Pfade schlängeln wir uns vorbei an unbewohnten Feen-Kaminen hoch auf den Berg. Das folgende Spektakel ist einfach zu schön um es beschreiben zu können. In sämtlichen Tälern um uns herum leuchten bei jedem Flammenstoss Ballone in allen möglichen Farben auf. Kurze Zeit später steigen diese in den Morgenhimmel und erschaffen so das wohl spektakulärste Panorama der Türkei. Früh aufstehen lohnt sich hier sehr wohl!
Wir klettern nach mehreren Stunden zurück ins Tal und gönnen und nochmals etwas Schlaf, bevor dann das Frühstück serviert wird. An den nächsten Tagen stehen noch diverse Wanderungen an, denn Kappadokien besteht aus vielen einzelnen Tälern, von welchen jedes aus anderen Gesteinsformationen besteht. So hat das White Valley beispielsweise Felsen aus hellem Sand, während das Love Valley Felsen hat die wie… naja schaut euch einfach die Fotogallerie an, und dann versteht ihr 😉
Am dritten Tag erhalte ich dann doch noch tatsächlich eine Mitbewohnerin aus Australien und zusammen fliegen wir am nächsten Morgen mit einem Ballon über die vielen Tälern. Der Ballonflug sprengt zwar mein Budget bei weitem, jedoch ist dies eine absolute einmalige Sache die man einfach machen muss wenn man schon mal hier ist. Die Tage vergehen sehr schnell und bald wird es einmal Zeit die Sachen zu packen da ich Tim & Jesse an der Schwarzmeerküste wieder treffen will. Die Strecke von Kappadokien nach Sinop beträgt etwas mehr als 700km und führt durch eine absolut langweilige Gegend in welcher es gar nix zu sehen gibt. Zudem führt sie schnurstracks nach Norden, da Sinop auf der genau gleichen Höhe liegt wie Kappadokien. Also entscheide ich mich für eine Busfahrt, welche allerdings ganze 16 Stunden dauert… was solls, ich habe ja Zeit. Also schnell ins Büro vom Busunternehmen und tadaa sofort fällt mir auf wie schön gemütlich ich es hatte im Tourismusnest, wo wirklich alles für die Touristen gemacht wird. Nachdem die Tickets bezahlt waren, erklärt mir der Typ doch tatsächlich dass es nicht möglich sei das Fahrrad mit in den Bus zu nehmen. Also ohne Chocolate gehe ich nirgendswo hin, und daher muss erst mal zusammen eine Runde Cay getrunken werden, um eine Lösung zu finden. Nach exakt 1.5 Cay’s ist es dann möglich Chocolate ab dem Busbahnhof Nevsehir mitzunehmen, welcher ca. 20km ausserhalb von Kappadokien liegt. Vorher geht’s leider nicht, da nur ein kleiner Bus (Dolmus (türkisch für Anfänger)) ins Tal nach Göreme runterfährt. Dabei ist es eigentlich genau dieser Teil der Strecke, welchen ich unbedingt vermeiden wollte. Denn es sind doch noch ein paar hundert Höhenmeter und der Bus verlässt Nevsehir mitten am Nachmittag, wodurch ich in der grössten Mittagshitze die Strecke bewältigen muss. Also völlig verschwitzt eine 16-stündige Busfahrt antreten ist ungefähr das, was mich am nächsten Tag erwartet… na toll. Aber was solls, immerhin darf ich nun mitfahren.
Ab ans Meer!
An meinem letzten Tag in Kappadokien verabschiede ich mich noch bei den Mitarbeitern von meinem Lieblings Café (ja ich habe es doch noch gefunden), schlage zum gefühlten 30-igsten mal das Jobangebot der Inhaberin aus (Barista in der Türkei wäre eigentlich gar nicht mal soooo schlecht) und begebe mich auf die Bergstrasse nach Nevsehir. Der Tacho zeigt unmenschliche 35 Grad an und das Schild vor mir eine 8-prozentige Steigung. 1.5h und ungefähr 2 Liter Schweiss später stehe ich endlich am Busbahnhof von Nevsehir, welcher wie fast alle anderen aus einem hypermodernen Gebäude besteht. Die Busindustrie in der Türkei ist riesig und wie es schein wird hier noch gut Kohle gemacht. Die Architekten dürfen sich auf jeden Fall ziemlich ausleben. Natürlich gibt es dann aber trotzdem Probleme beim Besteigen des Busses. Der Fahrer möchte partout nicht mein Rad einladen, obwohl der Bus praktisch leer ist und wahrscheinlich die Räder von der gesamten Tour de France in dem Bus Platz finden würden. Mir ist es einfach nicht mehr nach Cay trinken und verhandeln, weswegen ich Chocolate einfach auf die andere Seite vom Bus schiebe, eine andere Türe zu den Gepäckfächern öffne und alles darin einlade. Als der Fahrer seine Zigarette fertig geraucht hat und mein Handeln bemerkt, ist bereits alles unter Dach und Fach. So wie es scheint hat er damit nicht gerechnet und steht nun ziemlich sprachlos vor mir. Bevor er überhaupt etwas sagen kann, steige ich in den Bus ein und mache es mir gemütlich. Geht doch!
Die Fahrt an sich ist ziemlich langweilig und auch das Bordprogramm kann dabei nicht viel ändern, da alles in Türkisch ist. In Ankara muss ich umsteigen und dabei ungefähr 4 Stunden auf den nächsten Bus warten. In der Zwischenzeit werde ich von einer jungen Dame mit Kopftuch angesprochen, welche Fatih heisst. Sie kann mir vieles über die türkische Kultur und Eigenheiten sagen und schenkt mir sogar noch einen Atatürk-Talisman. Kurz darauf bringen mir andere Reisende noch einen Cay und ich stehe vor lauter Gastfreundschaft ungefähr gleich sprachlos da wie der Busfahrer ein paar Stunden vorher. Wow Türkei, vielen Dank!! So betrete ich freudig und diesmal ohne Probleme den Nachtbus nach Sinop.
Morgens um 6 Uhr spuckt mich der Bus bei einem weiteren Gebäude mit kreativem Architekt aus und sofort spüre ich die kühle Meeresbrise welche mir ins Gesicht weht. Obwohl die Temperatur hier ein paar Grad kühler ist als wie in Kappadokien, erscheint sie aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit einiges wärmer. Jetzt ist aber noch früher Morgen und somit geniesse ich die Temperatur welche bei angenehmen 24 Grad liegt. Die 16-stündige Busfahrt hat ganz schön an meinem Gemüt gekratzt und irgendwie fühle ich mich an diesem Morgen völlig beschissen. Das erste Mal seit der Abreise in der Schweiz würde ich am liebsten meine Sachen packen und nach Hause gehen – mal wieder in einem richtigen Bett schlafen, Freunde treffen, ein normales und sauberes Klo benützen und an der Kasse einfach etwas schweizerdeutsch reden. Vielleicht kommt dieses Gefühl aber auch von dem Schlafmangel, da in dem Bus einfach nicht wirklich an Schlaf zu denken war. Daher suche ich mir ein kleines Waldstück, in welchem ich die Hängematte aufhängen kann um nochmals etwas zu schlafen. Direkt am Strand werde ich fündig, jedoch auch die 4 Stunden Extraschlaf können das schlechte Gefühl nicht beseitigen. Im Gegenteil, irgendwie fühle ich mich noch viel schlechter als wie vorher, und so muss dringend etwas Gesellschaft her. Daher entscheide ich mich für einen Campingplatz, da dort normalerweise andere Reisende und mit etwas Glück sogar Radtouristen anzutreffen sind. In der Nähe befindet sich tatsächlich ein Campingplatz, welcher sich aber als absoluter Reinfall herausstellt. Für 50 Lira bekomme ich einen Platz auf einer kleinen Wiese ohne Schatten dafür direkt vor dem lauten Restaurant. Das Klo besteht aus einem stinkigen Loch und die Dusche aus einem Gartenschlauch, welcher ein paar Zentimeter aus der Wand ragt. Umziehen möchte ich jedoch auch nicht und so drücke ich den Preis auf wenigstens 30 Lira, was aber noch immer viel zu teuer ist. Eigentlich müsste mir der Typ etwas bezahlen, damit ich dort übernachte…
Den restlichen Tag verbringe ich an dem völlig überbevölkerten Strand an welchem die zahlreichen Familien grillieren – oder geben sie sich gegenseitig Rauchzeichen? Denn genau danach sieht es aus, da türkisches BBQ aus viel Rauch besteht und somit vom Fleisch eigentlich gar nix zu sehen ist. Abends bringen mir die Besitzer vom Campingplatz noch frische Melonen und Aprikosen vorbei. Somit habe ich trotzdem ein bisschen mehr Luxus als wie beim wildzelten.
Warten auf die Engländer & endlich mal wieder ein paar Kilometer
Am nächsten Tag schreiben endlich Tim & Jesse zurück und somit kann ich mit der Planung die nächsten Tage beginnen. Bei unserem letzten gemeinsamen Abendessen in Istanbul an jenem Freitagabend welcher in die Geschichte eingehen sollte, haben wir abgemacht dass wir uns in Sinop wieder sehen würden. Sie sind leider aufgrund einer Krankheit etwas später dran und somit werden wir uns nicht in Sinop sondern im ca. 40km entfernten Gerze treffen. Mir solls recht sein, denn so kann ich endlich mal losfahren, da mir der Stillstand noch immer schwer aufs Gemüt schlägt. In Sinop steht aber noch ein kurzer Stopp beim „Berber“ an, da mein Bart mittlerweile so lang ist, dass mich sämtliche Leute zum Islam bekehren möchten. Nach gefühlten 5kg Barthaaren weniger und dem obligatorischen Foto mit dem Ladenbesitzer und den Ladenbesitzer der Nachbarschaft und deren Freunde und Familie… mache ich mich dann am späten Nachmittag auf in Richtung Gerze. Zu spüren wie die Reifen unter mir drehen und selbst das schwere Gepäck welches mich wie eine unsichtbare Hand rückwärts ziehen möchte beim Fahren von Hügeln, hellt mein Gemüt schnell wieder auf. Alles kommt, alles geht. Wie so immer im Leben. Auch die schlechten Zeiten ziehen wieder vorbei, man muss nur allem seine Zeit geben.
Die Schwarzmeerküste zeigt mir sein hügeliges Gesicht und schnell begreife ich, wieso Jesse & Tim teilweise nur 35km am Tag geschafft haben. Obwohl es später Nachmittag ist, bin ich bereits nach wenigen Kilometern völlig verschwitzt. Das feuchte Klima hier ist ein extremer Gegensatz zum trockenen Kappadokien. Kurz vor Einbruch der Nacht finde ich eine ziemlich hübsche Wiese direkt an einem Sandstrand. Es handelt sich jedoch um ein Privatgrundstück und der Besitzer jagt mich tatsächlich weg – etwas was mir so noch nie in der Türkei passiert ist. Auf Nachfragen meint er dann auch dass er aus Dänemark kommt… alles klar denke ich mir und baue das Zelt ein paar Meter weiter direkt an der Hauptstrasse wieder auf. Es ist mittlerweile stockdunkel und ich mache mir dies mit einer Runde Nacktbaden zum Vorteil!
Die restlichen Kilometer nach Gerze bleiben hügelig, ich schaffe die Strecke jedoch noch vor dem Mittag wodurch ich anschliessend mehrere Stunden in einem Café verbringe um alle Geräte mal wieder aufzuladen und auch um eine passende Unterkunft zu finden. Allerdings ist alles dermassen überteuert, dass ich mich wieder fürs wildzelten entscheide. Eigentlich sollten Tim & Jesse heute eintrudeln, doch als auch am späten Nachmittag noch niemand ersichtlich da ist, fahre ich los um einen öffentlichen Park ausserhalb der Stadt zu erreichen. Dieser stellt sich als Glücksgriff heraus, da er mitten in einem Wald liegt, über eine Wasserquelle, Feuerstellen und WC verfügt. Also so quasi einen Campingplatz, aber gratis – und definitiv besser als der offizielle Campingplatz in Sinop. Als es schon dunkel wird, trifft der Besitzer mit seinen Kumpels ein. Zuerst befürchte ich weggeschickt zu werden, jedoch stellen sich die Leute als absolut gute Gastgeber heraus und zusammen geniessen wir den türkischen Raki und essen die frischen Eier von den herumstreunenden Hühnern. Mit Hilfe von Google Translator ist auch die Kommunikation mehr oder weniger möglich. Fast gleichzeitig meldet sich Semih, ein Warmshower-Host aus Gerze, welchen ich noch kontaktiert habe. Wir verabreden uns für den nächsten Tag, und als der Besitzer mit seinen Kumpels wieder gegangen ist, baue ich mal wieder in der kompletten Dunkelheit mein Zelt auf und gehe schlafen.
Rein in die Karawane und ab geht’s!
Am nächsten Tag habe ich noch immer kein Lebenszeichen von Tim & Jesse, entscheide aber vorerst mal nach Gerze zurückzufahren. Und tatsächlich erscheinen meine verlorengeglaubte Freunde kurz vor dem Mittag – zusammen mit Todor und Ivan, zwei Bulgaren welche ebenfalls mit dem Rad in Richtung Osten unterwegs sind. Nach einem ausgiebigen Bad im Hafen treffen wir auch noch Semih, welcher uns mit frischem und kaltem Trinkwasser versorgt. In der schwächer werdenden Abendsonne radeln wir auf dem nun flachen Küsten-Highway in Richtung Osten. Dabei passieren wir noch einen über 2 Kilometer langen Tunnel, welchen wir uns mit Bussen und LKW’s teilen müssen. Immer wieder eine schreckliche Angelegenheit, auch mit Licht und Leuchtweste. Schlussendlich finden wir unseren Schlafplatz inmitten eines Dorfes auf einem kleinen Stück Wiese. Sieht schon lustig aus, wenn eine kleine Karawane bestehend aus 5 Leuten mit 4 Zelten auf dem Dorfplatz sein Camp aufschlägt. In der Türkei überhaupt kein Problem und vor allem legal!
Der nächste Morgen läuft in gewohnter Tradition ab:
Es stehen heute fast 100km auf dem Programm, da Tim & Jesse morgen einen Bus nach Batumi besteigen wollen. Sie möchten die Strecke nach China auf jeden Fall noch schaffen und müssen daher dazwischen etwas abkürzen, da sie sonst den Pamir-Highway mit meterweisem Schnee auf der Strasse befahren müssen. Auf dem überfüllten Küsten-Highway fahren wir mit einem hohen Tempo der Hafenstadt Samsun entgegen. Dazwischen werden mal immer wieder kleinere Cay-Pausen an Tankstellen eingelegt und wo immer wir auch anhalten, treffen wir auf nette Menschen. Unter anderem sogar einmal auf Schweizer!
Als die Sonne bereits sehr tief steht, erreichen wir Samsun wo wir für zwei Nächte bleiben werden. Ich habe mir bereits in Gerze ein Hotel für sehr wenig Geld gebucht und komme so mal wieder in den Genuss von einem richtigen Bett und Klimaanlage. Auch Tim & Jesse schlafen in einem Hotel, welches nur einen Katzensprung von meinem entfernt ist. Todor und Ivan stellen ihre Zelte im nahegelegenen Stadtpark auf. Am ersten Abend gehen wir nochmals alle zusammen etwas essen und verabschieden und von Tim & Jesse. Wie so oft findet auch in Samsun eine politische Veranstaltung statt und so kämpfen wir uns durch ein Meer von roten Fahnen und tausenden Menschen in Richtung Kebab-Restaurant. Den zweiten Tag verbringen wir mit dem rumschrauben an unseren Fahrrädern und am Abend wird das erste Mal so richtig gejamt! Todor an der Gitarre und „Mikrophone“, Ivan an den Bongos und ich mit der Mundharmonika. Und das ganze hört sich nicht mal so schlecht an! Wir spielen direkt vor dem Shoppingcenter und haben schnell ein paar Zuschauer um uns herum versammelt. Bevor jedoch die erste Lira seinen Weg in den Hut findet, werden wir von der Security verjagt. Jänu, wir werden es woanders wieder versuchen!
Auf nach Trabzon!
Nach dem Ruhetag in Samsun verlassen wir die Stadt wieder auf dem Küsten-Highway weiter nach Trabzon. Dort werde ich versuchen das Visum für den Iran zu erhalten, für welches ich bereits in Istanbul die ersten Vorbereitungen getroffen habe. Ein Visum zu erhalten ist nicht so einfach, und benötigt einiges an Vorbereitung und vor allem Zeit. Sobald ich das Visum in den Händen halte, werde ich eine kleine Anleitung schreiben für alle die auch mal dorthin reisen möchten.
Dank der flachen Strecke und dem guten Strassenzustand schaffen wir in den folgenden zwei Tagen jeweils zwischen 80-100km. Dazwischen wird zahlreiche Tankstelle für unsere Bedürfnisse missbraucht. Sei es nur zum Cay trinken, das Internet anzuzapfen oder um die Klamotten auf dem Klo zu waschen. Irgendwas gibt es dort immer zu tun! Dabei landen nur selten ein paar Liras in den Kassen der Betreiber, was mir immer ein etwas schlechtes Gefühl bereitet. Todor und Ivan sind wahre Low-Budget-Traveller und so sinken auch meine täglichen Ausgaben auf weit weniger als 10€ pro Tag, was ausserordentlich gut ist, da demnächst viele hohe Visa-Gebühren auf dem Programm stehen.
Geschlafen wird immer dort, wo es eine Wasserquelle und/oder Wi-Fi hat. Also manchmal am Strand, manchmal aber auch in völlig g verdreckten Waldstücken zwischen dem Highway und dem Strand. Zwischen Fatsa und Ordu beschliessen wir den verkehrsüberlasteten Highway zu verlassen um auf einer kleineren Küstenstrasse frische Luft schnappen zu können. Es folgen zwar wieder einige Höhenmeter, jedoch haben wir dafür aber den schönsten Schlafplatz seit langem. Auf einer kleinen Landzunge, umgeben vom Schwarzen Meer finden wir auf einer flachen Wiese unsere Ruhe. Vorher gehen wir aber noch im Meer Muscheln sammeln und können somit am Lagerfeuer am Strand unser selbstgefischtes Abendessen geniessen. Es fehlt eigentlich nur noch der Rotwein, welcher aber aufgrund der hohen Steuern einfach zu teuer ist. Am nächsten folgen wir der abgelegenen Strecke noch ein bisschen und finden dadurch noch sehr gute Orte zum Klippenspringen. Allerdings leidet die Kilometerleistung auch ein bisschen darunter, und so erreichen wir nach gerade mal 36km in der Abenddämmerung die Stadt Ordu. Die Stadt bezaubert regelrecht durch seine Schönheit – über den bunten Häusern schweben kleine Gondeln, welche auf den Hausberg führen und die vielen Parks am Meer beeindrucken mit ihren vielen Wasserspielen. Jede Gondel ist in der Dunkelheit mit einem bunten Licht beleuchtet und so bahnt sich ein bunter Wurm den Weg zur Spitze. Verzaubert von so viel Schönheit beschliessen wir spontan in der Fussgängerpassage unsere Instrumente auszupacken und erspielen so tatsächlich noch 22 Liras, was ungefähr den halben Tagesbedarf deckt. Wir investieren das Geld jedoch lieber in Bier, welches unter normalen Umständen sonst einfach zu teuer wäre. Geschlafen wird anschliessend mal wieder im Stadtpark, wobei es vorerst gar nicht möglich ist zu schlafen. Zuerst stöhnt (ja richtig gelesen) ein junger Typ um unsere Zelte und nachdem wir diesen verscheucht haben, beginnen die Rasensprenger mit literweise Wasser um sich zu spritzen. Diese sind ganz fies in die Wiese eingebaut worden. Tagsüber ist nämlich nix von ihnen zu sehen, aber mitten in der Nacht erheben sie sich aus ihren kleinen Höhlen um ahnungslose Radtouristen vollzuspritzen. Mithilfe von Brettern und Steinen bändigen wir diese allerdings und können so dann doch noch endlich etwas schlafen.
Entsprechend gerädert setzen wir unsere Reise am nächsten Tag fort. Vor uns stehen zwei anstrengende Tage, da ich schnellstmöglich mein Visum für den Iran beantragen möchte, da die Botschaft jeweils am Freitag geschlossen ist… und es ist ja schon wieder Dienstag. Bis nach Trabzon fehlen noch über 200km, wodurch wir nach dem Motto fahren „Gring abe u trample“. Mit der richtigen Musik im Ohr klappt dies auch wunderbar und so erreichen wir gegen den späteren Mittwochnachmittag Trabzon. Dazwischen treffen wir an einer Tankstelle noch auf Alex aus Malaysia, welcher sich gerade mit dem Fahrrad auf dem Heimweg befindet. Zusammen legen wir die restlichen Kilometer in die Stadt zurück, welche uns durch sein chaotisches Grossstadtreiben völlig überfordert. Die kleinen Dörfer sind einfach trotzdem schöner! Wir bleiben in Trabzon für 4-5 Nächte, welche wir im Stadtpark verbringen. Vielleicht gehen wir dazwischen noch in den Bergen etwas Abkühlung suchen, aber das wird dann eine Geschichte für den nächsten Blogeintrag werden.
Ich werde mich auf jeden Fall am kommenden Dienstag auf den Weg in den Iran machen, da ich Teheran gerne am 9.9 erreichen möchte – ein mehr als nur sportliches Ziel! Todor und Ivan werden nach Georgien weiterfahren, da sie vor dem Iran noch etwas günstig Alkohol haben möchten 😉
Bilder aus Kappadokien (lange Ladezeit)
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